an der Vergangenheit kann man auch ersticken....

zum Jahreswechsel

Man führt in den Kirchen, und hier wiederum in den sektiererischen Geheimzellen der Kirchenmusik, Diskussionen und rituelle Brandreden, die außerhalb deren Gemäuern kaum Aufmerksamkeit erregen. Es wäre grundfalsch, die Höhe der Zeit in den intellektuell heruntergefahrenen Quasselstunden des ARD oder ZDF nach 22Uhr zu suchen, um ein anderes Gemäuer zu nennen, wo jegliches Aufleuchten von Geistigkeit strengstens reglementiert ist. Beide Mauern, so unterschiedlich sich ihre massenmediale Akzeptanz darstellt, haben nichts mit Durchdringung von Gegenwart zu tun.
Ein gegenwartspessimistischer Botho Strauss meint in "Lichter des Toren", dass man längst diese Gegenwart den 600 Millionen Netz-Autoren oder dem intellektuellen Götzendienst vor dem Populismus, also der Banalität geopfert habe. Ich aber meine es gibt sie noch, diese Höhe der Zeit. Aber eben in Büchern oder Kunststationen, die nie das Kerzenlicht der noch praktizierenden Religionen erblickt haben.
Zum Beweis ein Satz aus Sloterdijks "Zeilen und Tage", der uns aufrütteln sollte, weil er das zentrale Kirchen-Orgel-Musiker-Problem und seiner Umgebung neben anderen miterfasst hat: Die Gegenwart leidet unter der Überflutung durch unvergangene Vergangenheit. Wir leben im Modus der Hyperarchivierung, die den Abfluß des Gewesenen verstopft. Uns jagt nicht allein die klassische Furie des Verschwindens, es machen uns mehr noch die Furien des Bleibens zu schaffen.
Der Zwerg, der auf den Schultern seiner Riesen-Vorfahren Jahrhunderte überblickt hat, so mein Resümee, ist heruntergesprungen und wollte selbst Riese sein. Nun aber muß er acht geben, nicht von dessem Schatten erschlagen zu werden. gwm 12.1.14