Die Heilige Caecilia

Die Heilige Cäcilia einmal anders gesehen...

Ganz ähnlich den französischen Königen des Absolutismus, die in ihren Wappen die Lilie eingewoben haben, so haben auch die Orgelbauer der Romantik unter dem Patronat der Heiligen Cäcilia, in der Lilie ihr klassisches Blumen-Symbol entdeckt, das sinnbildlich stehen soll für Licht, Reinheit, Keuschheit, Jungfräulichkeit. Der Könige fleur de lis allerdings stammt zwar vom Patronat der Gottesmutter Maria ab, kann aber unter ähnlicher Symbolik betrachtet werden.
Mit der Heiligen Cäcilia als Patronin der Kirchenmusik haben sich gleich von vorne herein aber Verwechslung und Täuschungen eingeschlichen, die von der Ausnahme abgesehen, eines offensichtlichen Übersetzungsfehlers, sonst aber kaum ins öffentliche Bewußtsein getreten sind.
Wenn diese Märtyrerin um 200n.Chr. gelebt haben soll, so wie es in den Heiligengeschichten steht, wie ist es dann möglich, dass sie während ihrer eigenen Hochzeit die Orgel gespielt haben soll? Oder sollte es gar eine römische Orgel gewesen sein? Doch diese stand erst vereinzelt 800 oder tausend Jahre später in einer Kirche.
Engel, Rosen, Lilien, Reinheit, Licht - das sind so die grundsätzlichen Idealitätsgewichtungen, die man an seine zukünftige Braut richtet, und die natürlich in weißes Licht gehüllt zum Altar unter reinster Orgelmusik geführt werden soll. (Wagnerische Klänge). Der deutsche Idealismus schwebt hier als Nebelteppich im tiefsten Grunde bourdunenhaft mit, wobei wir all diese Klänge, wie rauchige Gamben, fernste Traversflöten, zarteste Weidenpfeifen, sphärische Aeolinen und geigende Principale in allen bekannten Schattierungen zu hören vermeinen.
Es wäre (wieder mal) an der Zeit von diesem Süßigkeits-Naschzwang in leichte Askese überzugehen und wenn möglich zu begrenzen oder zu kanalisieren.
Ein Wunsch wäre auch, die Lilie gegen den Mohn zu tauschen, zeitweise. Historismus blüht mit Lilien oder Akanthus , Mohn macht vergessen.
Die große Gefahr, die besteht ist, nach der Verirrung im dunklen Walde der Technik, beim ersten Lichtstrahl auf die Kniee zu fallen, und einer verdampften Heiligen hinterherzubeten, die völlig irrtümlich unseren Weg gekreuzt hat. Sie wäre ohnehin viel zu rein für uns gewesen.
Bleiben wir also bei unserer Tagespolitik und fragen, wieviel Millionen denn nun die nächste schweizer CD kosten wird.
Genau aber an diesem Punkte angekommen, sehen und hören wir, wie wichtig dieses "Wachet auf!" sein kann, das uns aus letzten Jahrhunderten zugeschleudert wird. (gwm)