0719 Basel, Reformierte Kirche, III/38

 

erhaltet die Walcker-Orgel in Basel!

Die Matthäuskirche zu Basel soll Ende des Jahres geschlossen werden.
Hier ein Aufruf die Orgel unbedingt zu erhalten, zu warten, zu pflegen !

Orgelbau Walcker und die Orgel in der Matthäuskirche zu Basel.

Mit Johann Eberhard Walcker, der 1781 mit seiner ersten Orgel schriftlich erwähnt wurde, begann eine folgenreiche Traditionsgeschichte im süddeutschen Orgelbau.
Sein Sohn Eberhard Friedrich Walcker (1794-1872) gründete 1820 sein eigenes Geschäft in Ludwigsburg und schuf durch seine erste große Orgel nach Frankfurt-Paulskirche 1829-1833 ein monumentales neuartiges Orgelwerk, das die Fachwelt in Erstaunen versetzte. Mit weiteren Orgeln nach Petersburg-Petrikirche, Agram Dom, Ulm-Münster, Reval, Mühlhausen, Boston und weiteren Werken, begründete Eberhard Friedrich eine weltweit anerkannte Orgelbauanstalt.
Seine fünf Söhne konnten mit großen sinfonischen Orgeln nach Wien-Votivkirche und Riga-Mariendom diesen Nimbus in vielfältiger Weise erhalten und weitertragen.
Als im Jahre 1896 die Orgel für die Matthäuskirche in Basel mit 38 Registern auf drei Manualen und Pedal gebaut wurde, war der Orgelbau Walcker sowohl in Größe und Qualitätsstandard die weltweit führende Orgelbaufirma.
Umso schmerzlicher nehmen wir heute den Umstand wahr, dass eine Orgelbewegung, die vor allem zwischen 1925 und 1970 ihr Unwesen trieb, dieses Klangideal der Romantik und Spätromantik bekämpfte.
So sind in Deutschland fast alle diese Orgeln aus jener Zeit (1830-1920) nicht nur wegen den Weltkriegen sondern vor allem wegen dem Treiben dieser Bewegung zerstört worden.
Da leuchten seltene Perlen in der Ukraine oder in Schottland, in Holland oder auch mal in Südamerika, die nur geringfügig geändert oder gar ganz erhalten wurden. Aber meist sind das recht kleine Instrumente in unbedeutenden Ortschaften.
Ganz selten finden wir reine, unverdorbene Instrumente aus jener Zeit, die uns diesen wunderschönen Klang jener Epoche bewahrt haben, wie es hier in Basel in der Matthäuskirche der Fall ist. Hier kommt zu diesem Glücksfall noch hinzu, dass wir durch die Größe des Instrumentes mit 38 Registern sogar in der Lage sind außergewöhnliche Kompositionen von Rheinberger oder Reger in unverfälschter Reinheit wahrnehmen zu dürfen.
Ich erlebe es sehr oft, dass mich Organisten aus aller Welt nach originalen Pfeifenmensuren befragen und wo man denn eine Clarinette 8' mit durchschlagender Zunge hören kann. Oder wo gibt es eine Harmonica 8', eine Wienerflöte? Wie stark ist die Dolce im I.Manual zu intonieren?, fragen Orgelbauer. Wie klingt die Mixtur 2 2/3 mit der walckertypischen Terz? Alle diese Fragen sind durch die Walcker-Orgel in Basel zu klären. Und damit ist diese Orgel sogar für zukünftigen Orgelbau wegweisend.
Es wäre schön, wenn man auch in Zukunft solche Fragen positiv wird beantworten können.
Gerhard Walcker-Mayer
Orgelbauermeister