das neue ACTA ORGANOLOGICA

Urban Kreutzbach - Leben und Werk

Kreutzbach-Orgel in Waldheim (Döbeln, Leisnig)

Im neuen ACTA ORGANOLOGICA Band 33, ISBN 9783875373288, wird ein, über das übliche kleingestrickte Format hinaus ein hervorragender Artikel von Klaus Walter, Wolfram Hackel und Gert Rothe gebracht, der mich zutiefst begeistert hat.
In diesem beinahe 200 Seiten umfassenden Text, der mit ein paar Erweiterungen ein fundamentales Buch ergeben hätte, wird in wunderbarem Deutsch und nicht dem »Schwurbel-Slang« der Organologen, das Leben und Werk der sächsischen Orgelbauerfamilie Kreutzbach gedacht. Gut durchdacht wird man mit vielen schönen Orgelbildern und Dispositionen in den sächsischen Orgelbau von 1828-1903 eingeführt.
Urban Kreutzbach (1796-1868) waren die Voglerschen Kombinationstöne (wahrscheinlich aus FFM-Paulskirche) bekannt, er baute aber grundsätzlich Schleifwindladen nach G. Silbermann. Dispositionen und Orgelgestalt sind wunderbar ausgeglichen. Ein Artikel, wie man ihn sich als Orgelbauer nicht besser gestaltet wünschen kann.
Ganz anders hingegen der unnötige »Füllartikel« über die englische Orgel in der neuapostolischen Kirche in Lindau, betrachtet über eine pseudowissenschaftliche Mensurenberechnung á la Leuthold. Solches Blähschrifttum sollte man endlich aus ernstgemeinter Orgelliteratur fernhalten. Eine wissenschaftliche Betrachtungsweise, die sich ausschließlich respektiven Betrachtungen unterwirft, ohne den Willen erkennen zu lassen, das Klangergebnis als Ganzes aufzunehmen und zur Arbeit zu gemahnen, sondern sich im Detail von minimalistischen Berechnungen verliert, die hat beim besten Willen alle Berechtigung verloren für irgendwelche Zwecke eingesetzt zu werden. Auch das Lesevergnügen von Mensurtabellen ist irgendwann einmal erschöpft.
gewalcker@t-online.de
Kommentar: Lieber Herr Walcker, (...) wer zur analogen Deutung nicht willens ist, der visiert schließlich das Digit (Detail) an. Vielleicht am Ende gar die Digitalorgel? K.S.
Antwort: Möglich. Sicher aber ist, dass mit Ausnahme von Helmholtz, der der Goetheschen Farblehre und den Voglerschen Teiltönen eine eigenwillige Berechtigung nicht aberkannte, der einzige Akustiker war und blieb, der dem Orgelbau wissenschaftliche Impulse zukommen ließ. Von Thienhaus über Lottermoser bis Leuthold sind uns tolle und teils farbenprächtige Diagramme überliefert, die mit ihren wissenschaftl. Ergebnissen keinerlei Einfluß auf den Orgelbau hatten. Vielmehr müssen wir endlich zugeben, dass der Orgelbau der uns heute noch berührt, exemplarisch den modernen Naturwissenschaften ausgewichen ist. gwm