Es gibt keine Helden mehr....

Es gibt keine Helden mehr ...

in der ARS ORGANI 1/2010 in Sachen „Busch und die heilige Orgel Albert Schweitzer’s“
Der große Orgelmeister aus der Slowakei Prof. Friedrich Klinda hat einen fast drei Seiten langen, anregenden Text verfasst.
Ich möchte dem Manne nicht widersprechen, weil er auf der gleichen Ebene argumentierte, wie Busch es tat, aber anders als der, noch dazu versuchte das große Umfeld der „Nicht-Orgel-Begeisterten“ mit einzupacken, und damit wieder mal eine Strategie angedeutet wurde, wie denn die Orgel an Akzeptanz gewinnen und so überleben könnte.
Wenn man im „Elfenbeinturm der Orgelfreunde“ über solche Dinge diskutiert, habe ich oft das Gefühl, man bietet Sauerbier auf Volksfesten und Marktplätzen an, wo man doch den wirklich einzigen Trumpf des ganzen Kartenspiels der letzten abendländischen Kultur in Händen hält.
Was also soll dieses Schielen nach Statistiken und Anerkennung der Orgelmusik durch die von Glotze und Bildzeitung verblödete Masse, was ja hinter dem Begriff „Säkularisierung“ steht?
Will man allen Ernstes behaupten, dass Jugendliche, die unsere Schulen durchlaufen haben in irgendeiner Form in der Lage wären, zu begreifen, was Transzendieren mit dem Medium Orgel für ein erweitertes Bewusstsein schaffen kann? Und, dass diese Transzendenz in den Orgelwerken von Bach bis Messiaen von diesen jungen Menschen erfahren werden kann?
Das können vielleicht ein paar Ausnahmen, die sich vom Schulbetrieb emanzipiert haben und als Autodidakten sich Musik erarbeitet haben. Dem Durchschnittsschüler, dem Musik und Kunst mehr als pornografischer Rahmen zur Triebstillung näher gebracht wurde, der kann das nicht.
Ich glaube, dass es sich hier um ein gewaltiges Missverständnis handelt, das noch angereichert wird mit Klinda’s Behauptung, das heutige orgelbauliche Niveau habe einen Höhepunkt erreicht. Woraus man erkennt, dass man wieder im Elfenbeinturm gelandet ist. Denn die Philosophie der letzten hundert Jahre und die wenigen ehrlichen Historiker kennen im Zeitalter der Technik nur ein Stilmerkmal und das ist der völlige Stilverfall, die totale Abwesenheit von Stil. Das Festklammern am Dekorationsdetail oder an der Technik, weil man wesentliche Entwicklung von Stilelementen ohnehin nur in einer kulturbejahenden Gesellschaft schaffen könnte. Wir haben eine Museumskultur, auch im Orgelbau.
So ist der gegenwärtige Kulturzustand, den, man verzeihe mir diese Rückdeutung, Spengler vor 90 Jahren als „Untergang des Abendlandes“ bezeichnet hat. Während unsere Gesellschaft nun mal der Naturwissenschaft und Massenvergötzung Tribut zollt. Das heißt das Flache und Dumme wird angebetet, der Genius hingegen wird verlacht. Es gibt keine Helden mehr, es gibt nur noch den Chor (Zitat nach Ortega y Gasset "Aufstand der Massen")
Das Transzendieren, um bei der grundsätzlichen Möglichkeit von Orgelmusik stehen zu bleiben, ist nicht Droge.
Es ist etwas, das man sich mühevoll erarbeiten muss und das auf Glaube beruht. Nicht Glaube an Kirche und bestimmte Religionsformen oder Riten ist damit gemeint, sondern ein deutlich gesteigertes Vermögen von Vorstellungskraft und Imagination. Wir sind hier leider an Worte gebunden, die auch fehlerhaft interpretiert werden können. Letztendlich aber ist das Transzendieren über das Medium Orgelmusik etwas, das nicht mit Worten beschrieben werden kann, sondern nur mit der Musik.
Durch aktives Hören, Verfolgung des Musikgeschehens, Erkennen von Elementen, Verstehen und Empfinden wird der Hörer mehr beeindruckt als durch passives Lauschen, ein wichtiger Hinweis von Ferdinand Klinda an den Hörer, zeigt den Weg dorthin.
Reform von Orgel-und Orgelbau in einer Zeit, in der Kirche in Lichtgeschwindigkeit implodiert, es wäre das lächerliche Herbeideuten einer unendlichen sich kontinuierlich entwickelnden Geschichte, die immer an feste Werte gebunden war.
Man driftet aber irgendwo im All, Odyssee 2010, und würde doch so gerne mit beiden Beinen auf der Erde stehen, und sei es als Affe. (gwm)