zu Walcker-Serienpositiven

Zu Walcker-Serienpositiven haben wir in letzter Zeit mehrere Anfragen und in dem nachfolgenden Schreiben versucht die "historische" Situation in der diese Instrumente gebaut wurden, zu erläutern.
Mein Vater hat diese Serienpositive und die industrielle Fertigung nach dem II.Weltkrieg sehr intensiv betrieben.
Vorher wurden bereits von Oscar Walcker Unit-Multiplexorgeln als Kleinorgeln in Serie gefertigt, die aber dann durch die Orgelbewegung abgelehnt wurden und eben diese Positive mit neobarocker Disposition als ideale Kleinorgeln bevorzugt.
Die klangliche Idealvorstellungen dieser Zeit finden sich in vielfältigen Aufzeichnungen. Ich habe eine Schallplatte digitalisiert und auf unseren Seiten gezeigt, Sie können dort verschiedene Komponisten hören:
http://walcker.com/multimedia/orgelmusik-mp3/wolfgang-oehms-spielt.html
Wesentliche Gründe für die Akzeptanz dieser Walckerschen Positive waren, schnelle Lieferzeit (3-4 Monate), günstiger Preis (3-10.000 Deutsche Mark) und solide Qualität (was man eben damals darunter verstand). Diese Positive sind auch heute noch begehrt, weil sie gegen Heizung und Feuchtigkeit widerstandsfähiger sind als historische Instrumente. Aber es ist ganz klar, dass diese Orgeln keine grundtönigen Register haben und ihre Mängel sich besonders im Bassbereich abspielen. Es sind viel zu enge Mensuren bei Subbaß und Gedackten und der Winddruck von 45-55mmWS lässt hier kaum nachträgliche Gestaltung zu.
Nach rund 20 Jahren Bau und Entwicklung in diesem Kleinorgelbereich, die Entwicklung spielte sich im letzten Jahrzehnt nur noch in den Materialien ab, war das Thema und das Interesse erschöpft.
Dennoch meine ich, dass durch diese Orgeln der Einzug der elektronischen Instrument in die Kirchen abgebremst wurde. Beim Orgelbau heute redet kein Mensch mehr von Ökonomie, was sehr schade ist, denn ich vermute in wenigen Jahren wird man das der Zunft massiv entgegenhalten.
Von Herbert von Karajan bis zu Aufnahmen der Deutschen Grammophon wurden Walcker-Kleinorgeln eingesetzt. Heute bewegen sich diese Instrumente vor allem aus Deutschland hinaus, nach Portugal, Italien, Polen, Russland etc., und ich glaube dort wesentlich mehr Begeisterung für Orgel zu finden, weil man eben nicht in diesem Überfluss leben darf, wie es in Deutschland der Fall ist. (gwm 1.8.13)
Man sollte die gegenwärtigen Entwicklungen nicht zu ernst nehmen, die plötzliche Überbewertung der 60er Jahre, wie sie sich in vielen individuellen Ergötzungen abzeichnet, wird nach ersten Räuschen wieder abgemilderte Wege gehen. Es ist die Regel der Wellenbewegung. Wir haben es erlebt bei der Spätromantik und nun werden wir es erleben in Hinsicht auf die Nachkriegsentwicklung. Im Prinzip handelt es sich um reine Konstruktionen (oder auch Projektionen), Überzeichnungen, Übermalungen, die immer irgendwo den Zweck haben, der Gegenwart mehr Farbe ins Gesicht zu blasen. Wer Künstler genug ist, wird aus jedem Walcker-Serienpositiv die Stimme Adreas Silbermanns heraushören. Und dann geht es ja weiter, mit der ganz normalen Geschichte, frei nach B. Brecht, der den Orgelbauer Herr W. folgende Frage stellt: "Woran arbeiten Sie?", worauf W. antwortet: "Ich habe viel Mühe, ich bereite meinen nächsten Irrtum vor."